Es stimmte mich manchmal traurig, dass wir für Vladi kein Zuhause fanden.
Er hingegen sah das völlig anders: sein Zuhause war schon längst bei uns auf der Station.
(C.B.)
* 06.10.2010 † 19.06.2024
Als Vladi nach dem Tod seines Besitzers von Verwandten zu uns in unserer Auffangstation auf der Schwäbischen Alb gebracht wurde, war er bereits im fortgeschrittenen Alter von fast 10 Jahren. Er hatte es seinen Rettern nicht leicht gemacht und zeigte sich auch in keiner Weise dankbar, dass sie ihn von seinem Balkon in Spanien geholt und bei sich aufgenommen hatten, was ihn letztlich auf den Hasleberg führte. Einen passenden Platz für seinen dritten Lebensabschnitt zu finden war unser gemeinsames Ziel.
Wir lernten Vladi kennen und mit ihm umzugehen. Vladi brachte so seine Baustellen mit.
Er zeigte sich als freundlicher und verschmuster Hund, teilweise übertrieben devot. Das konnte sich im nächsten Moment allerdings ändern und ein Schnappen folgen. An seinen Augen war abzulesen, wann das passieren wird.
Seine zweite Baustelle befand sich wohl in seinem Bewegungsapparat. Wir ließen ihn von unserer Tierärztin untersuchen, als er angekommen war. Daraufhin bekam er regelmäßig seine Medizin.
Mit Artgenossen zeigte Vladi sich bei uns grundsätzlich verträglich, wollte aber im Grunde seine Ruhe haben. Am liebsten lag er im großen Freilauf auf einem Grasstück und hatte den Überblick über die Station.
Vladi bekam bei uns alles, was ihm wichtig war. Klare, verlässliche Abläufe und Regeln. Für Versorgung in jeder Hinsicht, Bewegung, Menschenkontakt und Zuwendung war immer jemand für ihn da. Er nahm gerne am Stationsleben teil und war integriert. Vladi beteiligte sich auch am Stationshaushalt. Gerne schüttelte er frisch gewaschene Decken nochmals auf und verteilte sie nach seiner Vorstellung im Gehege.
Wann immer es planbar war, musste er auch nicht in die verhasste Tierarztpraxis. Unsere Tierärztin machte für ihn Hausbesuche möglich. Er bekam die Unterstützung und Besuche von Paten, hatte seine Gassigeher und war damit sehr zufrieden. Nur Interessenten kamen nicht für ihn.
Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem wir in Vladis Sinn einsehen mussten, dass wir es ihm gegenüber nicht mehr verantworten konnten, ihn nochmals umzuziehen. Vladi war in der Station zuhause und glücklich.
Vor zwei Wintern versetzte er uns in den ersten Schrecken. Er verweigerte zu fressen. Die Tierärztin wurde gerufen. Sie fand keine erkennbare Ursache. Wir boten ihm alle verfügbaren Appetizer an. Und siehe da, Vladi leerte anschließend den kompletten Napf und fragte: und wer zieht nun eine Runde mit mir um den Hasleberg ?!?!
Vladi erholte sich und zog weiter seine strammen Runden durch die Natur bis zum nächsten Winter. Wieder signalisierte er, es sei so weit. Aber auch jetzt erholte er sich wieder, war aber erkennbar zum „Opa“ geworden. Vladi bekam weitere Sonderrechte in der Station. Er war nur noch stundenweise, immer weniger, mit seiner Gruppe zusammen. Die restliche Zeit hatte er ein Gehege, die Halle oder Hexes Hütte für sich allein. Vladi brauchte diese Zeit für sich, er brauchte viel Ruhe und schlief viel. Anschließend lief er jeweils – zu unserer aller Erstaunen – stramm durch den Freilauf oder die Halle. Vladi baute jetzt körperlich rapide ab. Schmuseeinheiten gewannen immer mehr an Bedeutung für ihn. Er benahm sich wie jeder alternde Hund in seinem Zuhause.
Am 19.06.2024 ging er erkennbar dem Ende entgegen und wir mussten ihm helfen. Seine Tierärztin kam zum letzten Hausbesuch.
Seither schaut jeder, der die Halle betritt, traurig in Richtung Hexes Hütte. Es ist für uns alle sehr ungewohnt, nicht zuerst Vladi zu begrüßen. Wir vermissen ihn sehr.
Das traurige Team der Nothilfe für Polarhunde
PS: Das folgende Foto schenkte mir Vladi am 30.05.2024. Die Vorstellung tröstet, dass er so über die Regenbogenbrücke gelaufen ist. Mach‘s gut lieber Vladi!