… endlich offiziell glücklicher Eidgenosse!
Rubio durfte am 18.07.2025 nach vier Jahren dem Hasleberg den Rücken kehren und hat uns einen langen Brief geschickt …
Liebes Team
Ich, Rubio, möchte Euch von meinem Umzug und meinem neuen Leben berichten. Vor der Abreise von der Alb war ja alles so aufregend. Deshalb war ich so müde, dass ich bis Zürich durchschlief. Insbesondere weil ich im Auto die ganze Fahrt lang Radio hören durfte. Ich liebe Radio.
So bin ich recht ausgeschlafen in Zürich angekommen. Nach Burladingen schon wieder so eine Metropole. Aber ich hatte mit meinem neuen Herrchen dies ja schon geübt. So lernte ich zu meiner Erleichterung schon mal die Josefwiese kennen. Darauf werde ich nochmals zurückkommen. Ein spezieller Ort.

Ich bin dann in meine neue Hütte gezogen, besser gesagt im 3. Stock schon fast ein Aussichtsturm. Es war sehr spannend. Wieder machte mein neues Herrchen das Radio an. Er meinte, dass er gelesen hätte, dass ich ein unruhiger Husky sei und mich dies beruhigen würde. Ich war erst mal beschäftigt jede Ecke abzuschnüffeln und alles, wirklich alles, zu begutachten. Die ganze Hütte war nun voller Schlafplätze und ich musste sie mit niemandem teilen. So ein Glück. Zum Einstieg entschied ich mich für den Kakteenwald, mein Lieblingsort um rumzudösen, zumal ich auch Futter kriegte und mein Bauch voll war. Ich fraß. Niemand war rum der mein Futter beneidete. So hätte ich eigentlich auch etwas langsamer fressen können.
Als es dunkel wurde rückte ich dann doch näher zu meinem neuen Menschen. Man weiß ja nie was die Kakteen so alles unternehmen in der Nacht. Nun ist es seit meinem Auszug aus der Station schon drei Wochen her.
In dieser Zeit bin ich mit meinem neuen Menschen schon regelrecht zu einem Team zusammengewachsen. Mir gefällt das Leben als Einzel- bzw. Begleithusky. In unserer Hütte gibt es absolut keine Probleme im Zusammenleben. Ich liebe es in dieser neuen Hütte in jeder Ecke rumzudösen.

Das Größte: Ich habe zwei Balkone! Auf dem einen sitze ich, wenn ich die Stadt beobachten will. Das ist der erste Kinosaal. Da fahren mit der Straßenbahn sogar andere Hunde vorbei, die zu mir raufgucken. Auf dem anderen Balkon, bei den Kakteen, ist der andere Kinosaal. Unten im Hinterhof tauchen früher oder später Nachbar’s Katzen auf. Da lohnt es sich schon mal länger wachzubleiben. Ich bin total entspannt und ich mag alle meine neuen Nachbarn im Treppenhaus. Wenn mein Huskymensch spätabends nochmals rauswill, damit ich meine Blase leeren darf, stelle ich mich ab und zu schlafen. Es ist einfach zu gemütlich, um nochmals rauszugehen. Sowieso schlafe ich mit meinem neuen Herrchen regelmäßig um die Wette und ich gewinne jedes Mal. Um ihn zu ärgern, klaue ich ihm ab und zu eine Socke. Dann rennt er mir durch die Wohnung hinterher. Hahaha ist das lustig. Ich sage es euch. Dann war da noch dieser Nationalfeiertag. Die spinnen, was die da an Knallern einfach so in die Luft jagen. Man würde mit dem Geld besser Hundefutter kaufen. Und ja, es tat einem schon ein wenig weh in den Ohren, aber deswegen falle ich noch lange nicht in Angst und Schrecken. Auch kann ich schon mal alleine in meiner Hütte bleiben, rumdösen und Radio hören, ein echter Genuss. Ich sehe auch keinen triftigen Grund, um aufzustehen, wenn mein Herrchen nach Hause kommt. Nur keine Aufregung.
Sowieso mag ich alle Menschen, mit denen mein neuer Freund in Kontakt ist. Ich zeige mich von der besten Seite, auch mitten auf der Straße.
Wie mein Herrchen gebe ich auch den anderen Menschen zur Begrüßung die Hand bzw. die Pfote. Diese Menschen sind alle sehr lieb zu mir, so bin ich es auch zu ihnen. Sie sagen von mir, dass ich ein Schmusebär sei, aber ich bin doch ein Husky und nicht ein Bär. Sie verwechseln immer alles, diese Lieben.

Auf den Rundgängen im Quartier treffe ich Fußgänger, Gruppen von Menschen, Pöstler, Hunde, Velofahrer, Autos, Skateboarder, Trams, E-Roller, Kinderwagen und vieles mehr. Ich muss mich da richtig konzentrieren, so viel ist da los, dass ich danach manchmal richtig erschöpft bin. Ach, und die vielen Tauben, fliegende Nahrungsergänzung, nennt mein Herrchen diese. Aber ich darf nicht ran. Obwohl ich würde schon…
Und da ist eben diese Josefwiese. Da hat es viele Menschen, Hunde und neben dem, dass dies meine vorgezogene Toilette ist lässt sich immer etwas, aus meiner Sicht, essbares unter dem Gebüsch hervorklauben.
Leider rächten sich meine vergammelten Funde und mein Herrchen ordnete mir eine zweitägige Reisschleimdiät an. Eine hausgemachte Köstlichkeit. Seit diesem Ereignis entreißt er mir meine gefundenen Gammel-Trophäen und schmeißt sie schimpfend weit weg. Ok, selbstkritisch betrachtet bin ich mich da etwas am Bessern und übe Selbstdisziplin. Obwohl es so lustig klingt, wenn mein neues Herrchen schimpft. Dieser Dialekt ist zum Heulen!
Das Beste an meinem neuen Alltag sind die täglichen, zügigen und meist ausgiebigen Märsche, meist durch die Wälder oder an den Gewässern von Zürich oder der Umgebung. Da spiele ich voll und ganz mein Teamgeist aus. Wir fliegen sozusagen unaufhaltsam als Gespann durch den Wald. Selbst wenn ein junges Reh vor mir steht, bleibe ich ruhig in meinem neuen Rudel stehen. Auch darf ich selber Brombeeren pflücken. Wenn wir zusammen in ein Gewitter mit Regen, Blitz und Donner kommen ist mir das recht egal. Ihm nicht.

Es gibt Situation die ich mir nicht, oder nicht mehr, gewohnt bin. So bin ich noch recht aufgeregt, wenn ich in meiner Hütte menschlichen Besuch bekomme oder wenn ich selber auf Besuch gehe. Da frage ich meine Menschen um Rat, was ich tun soll, und so beruhige ich mich recht schnell. Und da ist noch die Sache mit dem Essen. Es ist nicht wie auf der Station. An jeder Ecke sind Menschen am Essen, am Essen rumtragen, am Essen zubereiten, über Essen am Sprechen, am Essen anschauen, am Essen verkaufen und am Essen wegwerfen. Es ist zum wahnsinnig werden. Aber mein Herrchen ist da streng zu mir und fordert Disziplin. Er spricht sogar von sowas wie Tischmanieren, die ich mir mit der Zeit sicher angewöhnen werde. Schauen wir mal.
Alles in allem läuft es ganz toll und Husky sowie Huskymensch sind nun dicke Freunde. Wo ich noch an mir arbeiten muss, sind bei den Hundebegegnungen. Mein Herrchen hilft mir dabei. Im Quartier geht es schon besser und ich muss mich nicht mehr so aufregen wie zu Beginn. Da machten mir diese Zürcher Hunde einen recht arroganten Eindruck. So lernte ich schnell, dass da die meisten Hunde an der kurzen Leine einfach zügig ohne Aufsehen aneinander vorbeikreuzen ohne mir “zu nahe” zu kommen. Nun versuche ich deren Getue zu ignorieren und das Gleiche zu tun. Mich nicht beeindrucken zu lassen. Es funktioniert jeden Tag etwas besser. Im Wald kann ich bei einer frontalen Kreuzung mit anderen Hunden schon ohne Murren zur Seite stehen. Einmal ist einer von der Leine los, regelrecht auf mich zugerast, so ein junger Hüpfer von Hund. Dem hab ich eine Nacherziehung gegönnt. Seither grüßt er mich nicht mehr.

Ach ja. An einem Tag kam mein Herrchen, mit flatternden Papieren in der Hand, auf mich zu. Er meinte wir müssten zum Arzt meinen Aufenthaltsstatus regeln. Ich würde nicht zum Schengenabkommen gehören. In der Praxis begutachteten sie mich von meinem rechten Nasenloch bis zur hinteren linken äußeren Zehe akribisch, um mir am Schluss mit einer Art “Plastik-Suppenkelle” mit eingebautem Display, meinem Hals entlangzufahren. Ich dachte schon, dass die mich wieder ausweisen wollen. Alle waren ganz angespannt, bis die “Suppenkelle” von sich aus “piep” machte. Danach atmeten alle auf und wurden lockerer und gaben mir Komplimente: “Brav, guät gmacht Rubio, wotsch no es Gützi? Jööö….”. Somit waren die Daten von meinem Micro-Chip von der Europäischen auf die Schweizer Datenbank übertragen und ich habe jetzt eine uneingeschränkte Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz. Mein neuer Mensch versprach mir darauf, dass er mir nun die Berge zeige. Die Schokolade nicht.
Mein Herrchen sagt von mir, dass ich ein echter Charakter bin. Dabei ist er selber einer.
Ich bin glücklich und zufrieden mit meinem neuen Leben.
Euer Rubio.
Lieber Rubio, lieber J., liebe A.,
wir sind immer noch überwältigt von dem großen Glück für Euch drei. Und baff erstaunt, wie sich bei Euch alles entwickelt. Das macht auch uns sehr glücklich! Vielleicht bekommen wir mal wieder eine Postkarte aus den Bergen, das würde uns sehr freuen.
Das Team der Nothilfe für Polarhunde